2005 veröffentlicht Dorota Maslowska nach Schneeweiß und Russenrot ihr zweites Buch: Die Reiherkönigin. Im vergangenen Monat erschien der „Rap“ auf Deutsch. Olaf Kühl hat mit seiner Übersetzung das Unmögliche möglich gemacht: einen zutiefst verslangten polnischen Text in einen sehr interessanten deutschen transferiert.
Maslowska gewann mit dem Buch den Nike 2007, den wichtigsten polnischen Literaturpreis.
Wenn unsere Jugend „fick dich“ flucht, hört sich das bei der Maslowska mindestens so an: „Penis, Penis, Titten und Vagi nochmal“ und weiter „sie würde sich gern Jalousien in die Augen bauen, denn ständig klappen ihre Lider auf, ständig verdirbt ihre gute Laune der Reigen sozialer Pathologien vor dem eigenen Haus, wenn doch nur endlich Schluss wäre mit diesem Alkoholismus, wenn man diese engen Gesindehäuser sprengen und Beete anlegen, ordentliche Leute einziehen lassen würde, denkt sie: Penis und Vaginal, wie lange soll sich ein zart besaitetes Mädel das ansehen …“
Maslowska zu lesen ist ein bisschen so wie fremde Kotze auflecken. Ihre Figuren sind allesamt hässlich und lebendig verdorrt; ihre Welt trostlos und nicht mehr zu retten. Das Polen, das die heute 24jährige Autorin zeichnet, spielt sich in den Vororten Warschaus ab, in Plattenhochhaussiedlungen, in Armenghettos, in Arbeitslosengefilden. Da lebt Pitz Patricia, deren Augen „so triste wie vollgepisste Ketschupgläser“ sind. Da lebt Stan Silvester, ein alternder Popstar, „Vagina und Penis nochmal, er fühlt sich so seltsam in letzter Zeit, spielt ein bisschen viel das Spiel Piratenbucht, danach hört er nachts tatsächlich Stimmen: „Stimmt es, dass anständige Flittchen auf deine Insel schwimmen?“ Und da lebt die Katarzyna, eine Bäckersfrau, die von Stan und der großen Karriere träumt, während ihr die Alte aus der Targowa die Kuchenkrümel vom Tresen frisst … MC Dorota (Maslowska) spürt sie alle auf und schreibt ihnen die schonungsloseste Biografie für die eigene Nationalgalerie.
Wer sich das auf 187 Seiten im Buchformat antun möchte, wird einen der interessantesten Texte der Gegenwartsliteratur lesen. Ich wage zu behaupten, hier wurde tatsächlich etwas völlig Neues, etwas Noch-nie-Dagewesenes geschaffen. Aber Vorsicht: das hier ist nichts für Bildungsbürger, politisch Korrekte, Depressive, Sensible, werdende Mütter, sterbende Väter, Literaturprofessoren und andere neidische Autoren.